Schandfleck?

Bahnausbau und Denkmalschutz ein wenig näher betrachtet.


Unsere Lokalpresse publizierte unlängst "30 Bamberger Ecken mit Bedarf zur Verschönerung", welche seine Leser gesammelt hätten - von Schandflecken ist die Rede. Ein zweifellos honoriger Ansatz, sich vernachlässigter und verbesserungswürdiger "Ecken" unserer schönen Heimatstadt anzunehmen.

Der Bahnausbau mitten durch Bamberg tauchte als Schandfleck in dieser Aufstellung nicht auf, denn die Absicht der Zeitung richtete sich ja auf die Gegenwart und nicht auf die Zukunft.

In der Liste tauchte jedoch der "Lokschuppen" auf - ein Thema welches wir hier ein wenig im Zusammenhang mit dem Bahnausbau beleuchten möchten.

Lokschuppen 1, Bamberg

Lokschuppen 1, Bamberg

Die heutige Situation sieht tatsächlich hoffnungslos aus: Der ältere der beiden Rund-Lokschuppen (Bild rechts) wurde etwa 2006 mitsamt des Verwaltungsgebäudes an eine Bamberger Abschleppfirma verkauft und entbehrt seitdem eines Daches. Der Unternehmer stützte die Außenmauern des denkmalgeschützten Gebäudes mit Balken ab und verfüllte die Arbeitsgruben im Lokschuppen mit Beton. Dieser Bereich soll einer Kfz-Nutzung zugeführt werden. Das Verwaltungsgebäude aus den 1950er Jahren an der Gundelsheimer Strasse verwertete er im Sinne immobilienwirtschaftlicher Gesichtspunkte. Der Verbindungsbau zwischen den beiden Lokschuppen verfällt ohne weitere Sicherung durch den Eigentümer.

Lokschuppen 2, Bamberg

Lokschuppen 2, Bamberg

Der zweite Lokschuppen (Bild rechts) hatte noch bis vor etwa 5 Jahren sein vollständiges Dach, welches nun auch einfällt. Dieser Lokschuppen soll dem Bahnausbau weichen, da hier ein sehr tiefes und großflächiges Überwerfungsbauwerk in Betonbauweise gebaut werden soll, welches auch den Abriss und den Neubau der fast neuen Überführung der Kronacher Strasse erfordert.


Lokschuppen Bamberg, Plan von 1903

Lokschuppen Bamberg - Plan von 1903

Was hat es mit diesem Bahnbetriebs-Gelände und den Gebäuden auf sich?
Das ehemalige Bahnbetriebswerk ist historisch von besonderem Wert und seine beiden Lokschuppen sind einzigartig in ihrer Bauweise. Sie stammen aus den Jahren 1902 und 1919, beide unter der Ägide der "Königlich Bayerischen Staatsbahn" gebaut (Bild links). Art und Ausführung der Anlagen bezeugen dass Bamberg zu den wichtigsten Eisenbahnknoten Bayerns zählte. Sie zählen mit 20 bzw. 21 Ständen zu den größten noch erhaltenen "königlichen" Lokschuppen in Bayern, nachdem der Lokschuppen in Nürnberg vor einigen Jahren abgebrannt ist. Die weiteren vergleichbaren Schuppen in München, Augsburg, Regensburg, Hof und Lindau existieren nicht mehr. Die Bauten sind handwerklich hochwertig in Sandsteinmauerwerk, die Stützkonstruktionen der Dächer in Holzfachwerk ausgeführt (Bild links).

Lokschuppen Bamberg, Plan von 1902

Lokschuppen Bamberg, Plan von 1902

Eine ausführliche Würdigung der historischen Bedeutung des Areals in Hinsicht auf die vielen hier Beschäftigten Personen, die verkehrliche Bedeutung und die Architektur im 20. Jahrhundert würde den Rahmen dieser kurzen Abhandlung sprengen und sei deshalb vertagt.

Im Zuge der Umverlagerung der Verkehrsströme auf die Strasse sowie einer "Bahnreform" mit starker Reduzierung des Bahnverkehrs sank die betriebliche Bedeutung und das Bahnbetriebswerk wurde 1984 aufgelassen.
Seitdem hat es mehrere Versuche unterschiedlicher Personen gegeben, das Gelände und die Gebäude als eisenbahnhistorischen Ort der Nachwelt zu erhalten. Aus sicherlich unterschiedlichster Motivlage konnte sich aber weder die Bahn AG noch die Stadt Bamberg in Gestalt der unteren Denkmalschutzbehörde noch der private Eigentümer dazu durchringen, eine angemessene Erhaltung des Ensembles zu unterstützen oder zuzulassen.
Man hat das Gelände sich selbst überlassen und zugeschaut, wie es Jahr für Jahr verfällt. Eine Parallele zum Vorgehen privater "Investoren" in Sand- und Königstrasse ist vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen.
Eine eisenbahnhistorische Nutzung in Form eines modernen Museumskonzeptes in Kombination mit einer Unterstellmöglichkeit historischer Eisenbahnfahrzeuge (hier gibt es einen konkreten Mangel sogar überregional) ist durch den Verfall und die weitere Entwicklung zwar stark behindert, aber nicht unmöglich gemacht.
Um an dieser Stelle Hoffnung schöpfen zu können, bedürfte es aber des Interesses und des wohlwollenden Zusammenspiels aller Beteiligten zum historisch adäquaten Erhalt des Areals.

Wenn jedoch in einigen Jahren der unnötige Bahnausbau mitten durch die Stadt Realität werden sollte, wird sich auch dieses historisch bedeutsame Ensemble nicht mehr retten lassen und ebenso wie die benachbarte Nordflur der Gärtner weit gehend einem riesigen Betonbauwerk weichen müssen.

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